
Gazastreifen: Situation erreicht besorgniserregendes Tiefpunkt
Die Hilfsorganisationen Ärzte ohne Grenzen, Caritas und Rotes Kreuz haben die Bundesregierung und die Europäische Union aufgefordert, verstärkt Druck auf Israel auszuüben, um das humanitäre Völkerrecht einzuhalten. Seit mehr als zwei Monaten werden im Gazastreifen keine Hilfslieferungen mehr zugelassen, was die Situation vor Ort dramatisch verschärft hat. Laura Leyser, Geschäftsführerin von Ärzte ohne Grenzen Österreich, sprach von einer „klaren Verletzung des humanitären Völkerrechts“ und betonte, dass ihr Aufruf nicht den Angriffen der Hamas relativieren solle. Die Hilfsorganisationen stünden vor einer kaum noch zu bewältigenden Herausforderung, um Hilfe zu leisten. Leyser warnte, dass es bald möglicherweise gar nicht mehr möglich sein könnte, den Menschen im Gazastreifen zu helfen.
Die Blockade des Gazastreifens, die seit Anfang März anhält, wird als die längste in der jüngeren Vergangenheit bezeichnet. Leyser berichtete, dass auch die Stromversorgung teilweise unterbrochen sei und forderte entschlossenes Handeln von Seiten Österreichs und der EU. Es sei notwendig, Israel klare Signale zu senden, um die humanitäre Lage zu verbessern.
Schwere humanitäre Krise im Gazastreifen
Alexander Bodmann, Vizepräsident der Caritas Österreich, äußerte, dass die Lage im Gazastreifen schlimmer sei als je zuvor. Obwohl Hilfsangebote bereitstehen, werde die Hilfe nicht ins Krisengebiet gelassen. Bodmann beschrieb die Situation als menschengemachte Hungerproblematik, die mit einfachen Mitteln gelöst werden könnte. Sein Vorschlag, Hilfslieferungen über private Sicherheitsdienste zu organisieren, wurde jedoch als praktisch undurchführbar eingestuft.
Michael Opriesnig, Generalsekretär des Österreichischen Roten Kreuzes, berichtete von der Verzweiflung der Hilfskräfte in Gaza, die nicht in der Lage seien, einzugreifen. Die Entwicklung der Situation gehe mit „erschreckender Geschwindigkeit“ von einem Waffenstillstand oder Frieden weg. Opriesnig forderte nicht nur Zugang und Schutz für die Helfer, sondern auch die Freilassung der verbliebenen Geiseln der Hamas.
Am Mittwoch verstärkte Israel seine militärischen Angriffe auf den Gazastreifen, wobei mindestens 80 Menschen getötet wurden. Berichte deuten darauf hin, dass zunehmend Menschen nicht nur bei militärischen Angriffen, sondern auch an den Folgen von Unterernährung sterben. Laut dem palästinensischen Gesundheitsministerium sind während der Blockade bereits 57 Kinder an den Folgen von Unterernährung gestorben, was die Dringlichkeit der humanitären Hilfe unterstreicht.
Akute Ernährungsunsicherheit und drohende Hungersnot
Die UNO-Ernährungs- und -Landwirtschaftsorganisation (FAO) warnt, dass rund eine halbe Million Palästinenser vom Hungertod bedroht ist. Für die gesamte Bevölkerung des Gazastreifens, die etwa 2,1 Millionen Menschen umfasst, wird akute Ernährungsunsicherheit festgestellt. Der FAO zufolge leben viele in einem Zustand der „katastrophalen“ Hungersnot, während eine Million Menschen kaum genug zu essen haben. Zudem wird vor einem drohenden Zusammenbruch der Landwirtschaft gewarnt, was die Lage weiter verschärfen könnte.
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat ebenfalls vor den langfristigen Folgen der Lebensmittelknappheit gewarnt. Peeperkorn, Vertreter der WHO in den Palästinensergebieten, erklärte, dass die Unterernährungsraten in Gaza steigen und der Hunger dauerhafte Auswirkungen auf eine ganze Generation haben könnte. Ohne ausreichende Nahrungsmittel, sauberes Wasser und Zugang zu Gesundheitsversorgung
Quelle: https://orf.at/stories/3393503/
